Herbstbericht 2015: Die Wüste lebt
Die Ernte 2015 ist seit dem 3. Oktober 2015 komplett im Keller und hat alle Erwartungen bei weitem übertroffen! Ein Traumjahrgang – vielleicht sogar ein Jahrhundertjahrgang!
Doch nun der Reihe nach:
Es war wohl eines der trockensten Jahre in der Geschichte unserer Region. Im Juli vielen nur 14 l Wasser, während der Vegetation von Januar bis Oktober mussten die Reben mit 258 l Wasser auskommen: Normale Jahre haben mehr als das Doppelte an Niederschlag.
So machten wir uns extreme Sorgen, wie unsere Reben diese Situation überstehen würden, Verhältnisse wie in Südspanien über viele Wochen waren auch für uns neu.
Anscheinend unbeeindruckt entwickelten sich die Weinberge kräftig, die Qualität unserer Böden ( Löss Lehm und Kalk) bieten eine hohe Wasserspeichkraft, und somit einen guten Vorrat an Wasser. Die bei uns überwiegend älteren Weinberge mit einem Alter von 25 bis fast 50 Jahren verfügen über bis zu 20m tiefe Wurzeln… Lediglich die 1 – 3 Jährigen „Jungen“ haben wir mit ca. 40.000 l Wasser versorgt, sonst droht das was in vielen anderen Regionen, die über zu sandige oder extrem steinhaltigen Böden verfügen, passiert ist: Die Rebe hat Wasserstress, stellt das Längenwachstum ein, die Beeren bleiben klein, Zuckereinlagerung und physiologische Reife unterbleiben, Säure baut sich bis unter die Stabilitätsgrenz ab – Katastrophe.
Aber wie gesagt: Unsere Region blieb vom Stress unberührt, im Gegenteil die Roten Sorten genossen das Klima, bildeten enorm viel Farbstoffe und auch Zucker. Noch nie haben wie die Roten Sorten über die gesamte Bandbreite mit solchen Traumwerten geerntet. Und: die Kirschessigfliege fiel dieses Jahr komplett aus!
Die Lese begann sehr früh, bereits am 7. September, denn wir brauchen natürlich auch fruchtig frische Sommerweine ( Weiß und Rose), und nicht nur die „Granaten“. Deshalb dürfen die Öchslegrade nicht zu hoch werden, sonst wird bei den trockenen Weinen der Alkohol zu hoch, die Säure wäre zu gering, der erfrischende Effekt und die leichte Stilistik der Sommerweine wäre dahin.
Ganz anders bei den Roten: bedingt durch die Trockenheit war Fäulnis die absolute Ausnahme, man konnte also gemütlich abwarten, bis sich ein Wetterumschwung anmeldete. Öchslegrade willkommen!
Die Öchslegrade lassen sich sehen: 85 °Ö beim Dornfelder, 99°Ö beim Cabernet Dorsa, beim Finale am 3. Oktober holten wir einen Spätburgunder mit 102 °Ö und was man kaum für möglich hielt: unser Neuer: Cabernet franc, Merlot und Syrah brachte es ebenfalls auf 100 °Ö – den 1985 Sonnenstunden bis zu diesem Tag sei Dank! Rekord.
Im Fazit : Ein Traum – perfekt – das Ergebnis sind fruchtige, frische und spritzig harmonische Sommerweine, auch die Rotweine sind der Hammer und schreien förmlich nach Holzfässern um die Kraft und Tanninstruktur zu zügeln…aber noch Geduld!
Jochen Kreutzenberger